Die in Art. 17 geregelte Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung zielt auf den
Schutz der Gläubiger und der Aktionäre ab. Bei schweren Verlusten des gezeichneten Kapitals
soll den Aktionären die Gelegenheit gegeben werden, über die Zukunft der Gesellschaft zu
entscheiden, wie etwa die Durchführung von Kapitalmaßnahmen, die Abberufung von
Organwalter oder sogar die Auflösung der Gesellschaft zu beschließen. Jedoch sind die
Aktionäre nicht zum Tätigwerden verpflichtet. Art. 17 der Kapitalrichtlinie überlässt es den
Mitgliedstaaten, die Frist zu bestimmen, innerhalb derer die Hauptversammlung einzuberufen
ist. Dabei müssen sie Art. 17 Abs. 2 beachten, wonach der relevante Verlust nicht auf mehr als
die Hälfte des gezeichneten Kapitals festgesetzt werden darf. Im deutschen Recht muss der
Vorstand die Hauptversammlung „unverzüglich“ einberufen, wenn bei Aufstellung der
Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen ist,
dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals vorliegt. Unter „Unverzüglich“ versteht
man „ohne schuldhaftes Verschulden“ i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB.