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EINLEITUNG

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Das Umwandlungsgesetz (UmwG)(1) sieht verschiedene Möglichkeiten zur Umwandlung von
Unternehmen vor : Gemäß § 1 Abs. 1 UmwG(2) können Rechtsträger mit Sitz im Inland durch
Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel umgewandelt werden.

Unter dem Begriff „Verschmelzung“(3) versteht man die Übertragung des Vermögens eines
Unternehmens als ganzes auf ein bereits bestehendes oder auf ein neu gegründetes Unternehmen
ohne Abwicklung (d.h. unter Ausschluss der Liquidation)(4). Diese Vermögensübertragung erfolgt
daher im Wege der Gesamtrechtsnachfolge(5). § 2 unterscheidet zwei Arten der Verschmelzung : Die
Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Neugründung. Im Wege der
Verschmelzung durch Aufnahme wird gemäß § 2 Nr. 1 das Vermögen eines oder mehrerer
übertragenden Rechtsträger als ganzes auf einen übernehmenden, bereits bestehenden Rechtsträger
übertragen. In dieser Fusionsart geht der übertragende Rechtsträger unter, während der
übernehmende Rechtsträger bestehen bleibt. Diese Art der Verschmelzung stellt in der Praxis die
häufigste Fallkonstellation vor(6) und ist insbesondere in den Fällen geeignet, in denen die betroffenen
Rechtsträger aneinander beteiligt sind (z.B. Verschmelzung der Tochter auf die Mutter)(7). Im Rahmen
der Verschmelzung durch Neugründung wird das Vermögen zweier oder mehrerer Rechtsträger
jeweils als ganzes auf einen neuen, von ihnen im Wege der Verschmelzung gegründeten Rechtsträger
übertragen (§ 2 Nr. 2) : Die sämtlichen übertragenden Gesellschaften gehen unter, während ein neuer
Rechtsträger anlässlich der Verschmelzung entsteht. Diese Art der Verschmelzung eignet sich
insbesondere für die Verschmelzung von gleichberechtigten Rechtsträgern(8).

In diesen beiden Fallkonstellationen erhalten die Anteilsinhaber (Gesellschafter, Aktionäre)
des untergegangenen Rechtsträgers Anteile bzw. Aktien des übernehmenden oder des im Züge der
Verschmelzung neu gegründeten Rechtsträgers als Gegenleistung(9). In diesem Zusammenhang richtet
sich die Zahl der Anteile bzw. Aktien, die der Anteilinhaber des übertragenden Rechtsträgers im
Rahmen der Verschmelzung erhält, nach dem Umtauschverhältnis.

Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
innerhalb der Europäischen Union wurde erstmals von dem am 25.4.2007 in Kraft getretenen
Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes(10) in das deutsche Recht eingeführt. Dieses
Gesetz setzt die EU-Richtlinie vom 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
aus verschiedenen Mitgliedsstaaten (GrenzVR)(11) in das deutsche Recht um, indem es einen zehnten
Abschnitt in das zweite Buch des Umwandlungsgesetzes einfügt (§§ 122a bis 122l). Gemäß dem neu
eingeführten § 122a ist eine grenzüberschreitende Verschmelzung eine Verschmelzung, bei der
mindestens einer der beteiligten Rechtsträger dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates der
Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum (Island, Norwegen, Liechtenstein) unterliegt(12). Als Beweggründe für eine
Verschmelzung können die Verstärkung der Marktstellung, der Zusammenschluss von personellen
und sachlichen Ressourcen, sowie die gemeinsame Nutzung von Marken und Patenten genannt
werden(13). Neben diesen „klassischen“ Beweggründen bestehen weitere, der grenzüberschreitenden
Verschmelzung spezifische Motive, wie die Erleichterung des Zuganges zu einem ausländischen
Markt oder die Tatsache, dass die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft einer
ausländischen Rechtsordnung unterliegen wird, die den Gesellschaftern und Leitungsorganen einen
größeren gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsspielraum bietet(14).

Obwohl das Umwandlungsgesetz vor der Einführung des Rechtsinstitutes der
grenzüberschreitenden Verschmelzung in das deutsche Umwandlungsrecht kein ausdrückliches
Verbot solcher Verschmelzungen enthielt(15), wurde bis zur Umsetzung der GrenzVR oft die Frage
gestellt, ob grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung deutscher Gesellschaften
erlaubt waren. § 1 Abs. 1 beschränkt nämlich ausdrücklich die in dieser Vorschrift aufgelisteten
Umwandlungsmöglichkeiten auf „Rechtsträger mit Sitz in Inland“, wobei nach h.M. unter dem
Begriff „Sitz“ der Satzungssitz der Gesellschaft, und nicht deren Verwaltungssitz, zu verstehen ist(16),
während § 1 Abs. 2 Umwandlungen außerhalb des Umwandlungsgesetzes nur unter der Bedingung
erlaubt, dass sie von einem anderen Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen werden. Aus dieser
Vorschriftenkombination und insbesondere dem in § 1 Abs. 2 enthaltenen Analogieverbot hatte die
h.M. im Schrifttum in den Fällen, in denen nicht alle beteiligten Rechtsträger ihren Satzungssitz im
Inland haben, ein generelles Verbot grenzüberschreitender Umwandlungen abgeleitet(17). Jedoch hat
die Mindermeinung darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen des § 1 gegen die in Art. 43 und 48
EGV verankerte Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und die
entsprechende Rechtssprechung des EuGH(18) verstoße, da das Verbot der Verschmelzung mit
ausländischen Rechtsträgern eine unzulässige Diskriminierung darstelle, die sich als Zuzugs- bzw.
Wegzugshindernis für den niederlassungsberechtigten Rechtsträger auswirkt. Nach der
letztgenannten Ansicht sollten bei europarechtskonformer Auslegung die Beschränkungen des § 1
unangewendet bleiben(19).

Die deutsche Rechtsprechung hat sich nicht von dieser Meinung überzeugen lassen : In
verschiedenen Rechtssachen haben die deutschen Gerichte nämlich entschieden, dass die bis zum
Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.2007 geltende Fassung des
Umwandlungsgesetzes nur innerstaatliche Umwandlungen ermöglichte, indem sie die Eintragung in
das Handelsregister von aus grenzüberschreitenden Verschmelzungen hervorgehenden
Gesellschaften meistens abgelehnt haben(20), so dass bis zum Gesetz vom 19.4.2004 die
verschmelzungswilligen Rechtsträger unterschiedliche Methoden verwendet haben, um zu dem
wirtschaftlichen Effekt eines solchen Zusammenschlusses zu gelangen
(Unternehmenszusammenschluss durch Aktientausch, Einzelrechtsübertragung, Zwischenschaltung
einer Europäischen Aktiengesellschaft)(21).

Zur Realisierung des gemeinsamen Marktes durch tatsächliche Ermöglichung der
Niederlassungsfreiheit gem. Artt. 43 und 48 EGV war ein Handeln der Europäischen Gemeinschaft
in dem Bereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung unerlässlich geworden. Dieser
Notwendigkeit war der europäische Gesetzgeber seit langem bewusst : Bereits 1972 wurde der
Entwurf eines auf Art. 293 EGV(22) basierten Übereinkommens über die grenzüberschreitende
Verschmelzung vorgelegt(23). Nachdem dieser Vorschlag endgültig im Jahre 1980 gescheitert ist, hat
sich der europäische Gesetzgeber dafür entschlossen, die grenzüberschreitende Verschmelzung in
einer Richtlinie zu behandeln(24). Am 8. Januar 1985 lag die Europäische Kommission einen
Vorschlag für eine Richtlinie über die grenzüberschreitende Verschmelzung von
Aktiengesellschaften vor(25), dessen Vorbild die Dritte Richtlinie 78/855/EWG über die
„innerstaatliche“ Verschmelzung von Aktiengesellschaften war(26). Dieses Vorhaben ist an der
schwierigen Frage der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der
Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft gescheitert und somit im Jahre 2001 von der
Europäischen Kommission zurückgenommen worden, nachdem eine Kompromisslösung über diese
Frage im Rahmen der Verhandlungen über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft gefunden
wurde(27).

Die ersten europarechtlichen Bestimmungen für eine grenzüberschreitende Verschmelzung
von Gesellschaften innerhalb der Europäischen Gemeinschaft befinden sich in den Artt. 2 Abs. 1 und
17 der Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-VO)(28), die
Aktiengesellschaften aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnen, sich zur einer
Europäischen Aktiengesellschaft zu verschmelzen. Das zentrale Problem war somit gelöst, so dass
die Europäische Kommission zur Ausführung ihres im Mai 2003 angenommenen Aktionsplans zum
Gesellschaftsrecht(29) am 18.11.2003 einen erneuten auf Art. 44 Abs. 2 Buchstabe g) gestützten
Richtlinienvorschlag vorlegen konnte(30). Nach Billigung durch den Rat und das Europäische
Parlament wurde die Richtlinie am 25.11.2005 im Amtsblatt der EG veröffentlicht(31) und ist am
15.12.2005 in Kraft getreten. Zwei Tage vorher hatte der EuGH in der Rechtssache Sevic Systems AG
entschieden, dass es mit der in den Artt. 43, 48 EGV verankerten Niederlassungsfreiheit nicht
vereinbar ist, die Eintragung der Verschmelzung zweier Rechtsträger aus verschiedenen
Mitgliedsstaaten generell zu verweigern, da die grenzüberschreitende Verschmelzung eine wichtige
Modalität der Niederlassungsfreiheit darstelle(32). In der Literatur wurde vertreten, die GrenzVR sei
durch diese Entscheidung „überholt“ worden, da diese letztere nicht nur Kapitalgesellschaften,
sondern auch Personengesellschaften erfasse(33). Diese Behauptung berücksichtigt aber nicht die
Tatsache, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen innerhalb der EU ohne einen einheitlichen
rechtlichen Rahmen praktisch nicht durchführbar sind : Mit der GrenzVR wird hingegen für
internationale Fusionen von Kapitalgesellschaften ein praktikables und rechtssicheres Verfahren
angeboten(34).

Mit der Umsetzung der GrenzVR durch das Zweite Gesetz zur Änderung des
Umwandlungsgesetzes in den §§ 122a bis 122l werden somit den deutschen Kapitalgesellschaften
grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Gesellschaften, die dem Recht eines anderen
Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums unterliegen,
praktisch ermöglicht und einheitliche europäische Grundregeln für ein Verfahren zur
grenzüberschreitenden Verschmelzung aufgestellt. Wie bei innerstaatlichen Verschmelzungen
kommt bei internationalen Fusionen dem Umtauschverhältnis, d.h. die Bestimmung der Zahl der
Anteile der aufnehmenden Gesellschaft, die den Anteilinhabern der übertragenden Gesellschaft
gegen den Verlust ihre Anteile an den übertragenden Rechtsträger gewährt werden, eine
grundsätzliche Bedeutung zu (A). Im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung können
außerdem ähnliche Probleme wie bei innerstaatlichen Verschmelzungen auftreten. Darunter fällt
insbesondere die Rüge des Umtauschverhältnisses durch die Anteilsinhaber einer der beteiligten
Gesellschaften, die bei innerdeutschen Verschmelzungen grundsätzlich im Wege eines besonderen
Verfahrens, das sog. Spruchstellenverfahren, behandelt wird. Besondere Schwierigkeiten ergeben
sich bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen daraus, dass mindestens zwei verschiedenen
Rechtsordnungen auf dem Spiel stehen(35). Aufgrund dieses Zusammentreffens mit ausländischen
Rechtsordnungen sind erhebliche Anpassungen dieses zum Schutz der Anteilsinhaber vorgesehenen
Verfahrens anlässlich der Umsetzung der GrenzVR unerlässlich geworden (B).

1 Umwandlungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3210, ber. 1995 I S. 428) zuletzt geändert durch Zweites Gesetz
zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.2007 (BGBl. S. 542).
2 §§ ohne nähere Angabe sind solche des Umwandlungsgesetzes (UmwG).
3 Auch „Fusion“ genannt.
4 Klunzinger, S. 212
5 Klein, RNotZ 2007, Heft 12, 565, 566.
6 Stengel in : Semler/Stengel, UmwG, § 2 Rn. 23.
7 Kuhlmann/Ahnis, Rn. 928.
8 Kuhlmann/Ahnis, Rn. 928.
9 Hueck/Windblicher, § 38 Rn. 6.
10 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.2007 (BGBl. S. 542).
11 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 über die Verschmelzung von
Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedsstaaten, ABl. EU v. 25.11.2005 Nr. L. 310 S. 1 ff.
12 Innerhalb der grenzüberschreitenden Verschmelzungen unterscheidet man weiter zwischen der Hineinverschmelzung
(Verschmelzung einer ausländischen Gesellschaft auf eine deutsche Gesellschaft) und der Hinausverschmelzung
(Verschmelzung einer deutschen Gesellschaft auf eine ausländische Gesellschaft).
13 Hirte, Rn. 6.107.
14 Behrens, S. 7.
15 Klein, RNotZ 2007, Heft 12, 565, 567.
16 Lutter/Drygala in : Lutter, UmwG § 1 Rn. 7 ; Drinhausen in : Semler/Stengel, UmwG, Einleitung C, Rn. 20.
17 Kronke, ZGR, 1994, 26 ; Picot/Land, DB 1998, 1601 ; Großfeld, AG 1996, 302 ; Semler/Stengel in Semler/Stengel,
UmwG, Einleitung A, Rn. 110 ff ; Jung, GPR 2004, 87.
18 EuGH, Urt. v. 9.3.1999 – C-212/97, EuZW 1999, 216, Centros ; Urt. v. 5.11.2002 – C-208/00, EuZW 2002, 753,
Überseering ; Urt. v. 30.9.2003 – C-167/01, EuZW 2003, 687, Inspire Art.
19 Kallmeyer in : Kallmeyer, UmwG, § 1 Rn. 14 f ; Knapp, DNotZ 2005, 723.
20 OLG Zweibrücken NJW 1990, 3092 ; OLG Hamm DB 1997, 1865 ; BayObLG DB 1998, 2318 ; Kallmeyer, DB 2002,
25 21 ; BayObObLG JZ 1993, 372 ; OLG München, GmbGR 2007, 1273.
21 Für eine umfassende Beschreibung dieser Methoden : Samson/Flindt, NGZ 2006, 290.
22 Damals Art. 220 EGV.
23 BullEG, Beilage 13/1973
24 Habersack, § 7 Rn. 52.
25 Vorschlag für eine Zehnte Richtlinie über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. Nr.
C 23/11 vom 25.1.1985.
26 Frenzel, S.6 ; Dritte Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG),
ABl. Nr. L 295/36 vom 20.10.1978.
27 Nagel, NZG 2006, 97 ; Neye/Timm, DB 2006, 488.
28 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE),
ABl. Nr. L 294/1 vom 10.11.2001.
29 KOM [2003] 283 endg. („Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom
21.5.2003 betreffend die Modernisierung des Gesellschaftsrecht und die Verbesserung der Corporate Governance in der
Europäischen Union“).
30 KOM 2003/703 endg. 2003/0277 (COD).
31 ABl. EU v. 25.11.2005 Nr. L. 310 S. 1 ff.
32 EuGH, Urt. v. 13.12.2005 – C-411/03 – NZG 2006, 112, Sevic Systems AG.
33 Siehe z.B. : Nagel, NZG 2006, 67 ; Oechsler, NZG 2006, 161.
34 Bayer/Schmidt, NJW 2006, 401.
35 Teichmann, ZGR 2003, 367 (370).

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